Bei der Diskussion um die CSRD, die Corporate Sustainability Reporting Directive der EU, gerät eines oft aus dem Blick: Vor dem Nachhaltigkeitsbericht kommt die Wesentlichkeitsanalyse. Auch dazu gibt es neue Vorgaben.
Ende Juli hat die EU-Kommission die finalen European Sustainability Reporting Standards (ESRS) veröffentlicht. Die Standards legen nicht nur fest, wie die von der CSRD betroffenen Unternehmen über ihre Nachhaltigkeitsleistungen berichten müssen. Sondern auch, wie eine CSRD-konforme Wesentlichkeitsanalyse aussehen sollte.
Was ändert sich im Vergleich zur aktuellen Praxis?
- Die ESRS definieren allgemeine Angaben sowie 10 Nachhaltigkeitsthemen aus den Bereichen Ökologie, Soziales und Governance, die Unternehmen bei ihrer Wesentlichkeitsanalyse prüfen müssen.
- Es reicht nicht mehr aus, nur Shareholder zu interviewen. Stattdessen soll ein weiterer Kreis von Stakeholdern befragt werden. Auch wissenschaftliche Studien können miteinbezogen werden.
- Die Wesentlichkeitsanalyse muss die doppelte Materialität berücksichtigen. Das heißt: sowohl die Auswirkungen des Unternehmens auf Umwelt und Gesellschaft (Inside-out-Perspektive) als auch umgekehrt (Outside-in-Perspektive). Ist ein Thema aus nur einer der beiden Perspektiven wesentlich, muss das Unternehmen darüber berichten.
- Einige Auswirkungen sollen über eine qualitative Einschätzung hinaus konkreter bewertet werden: Sind es tatsächliche oder mögliche Effekte? Negative oder positive, Risiken oder Chancen? Welches Ausmaß haben sie? Beinträchtigen sie die finanzielle Stabilität?
- Die Wesentlichkeitsanalyse muss jedes Jahr aktualisiert werden
Was können Unternehmen tun?
- Die Dokumente zu CSRD und ESRS sind komplex und umfangreich, ebenso wie die Anforderungen, die sie an Unternehmen stellen. Unternehmen sollten sich so früh wie möglich damit auseinandersetzen! Auch, wenn sie erst für das Geschäftsjahr 2025 einen Bericht vorlegen müssen.
- Als nächstes sollten Unternehmen eine Wesentlichkeitsanalyse durchführen bzw. die bestehende gemäß ESRS überarbeiten. Vielen dürfte die Outside-in-Perspektive aus dem Finanzbericht vertraut sein. Die Inside-out-Perspektive aber könnte all jenen Kopfzerbrechen bereiten, die noch kaum über ihre Auswirkungen auf die Wertschöpfungskette und darüber hinaus nachgedacht haben.
- Ist die Wesentlichkeitsanalyse CSRD-konform, können Unternehmen sich auf die Berichterstattung vorbereiten. Etwa Prozesse einführen, um die von den ESRS geforderten Daten regelmäßig zu erheben.
Ich rate außerdem dazu, frühzeitig einen ersten freiwilligen Nachhaltigkeitsbericht zu veröffentlichen und so den Ablauf einzuüben. Es kann hilfreich sein, sich bei all dem von Expert:innen mit Tools wie unserem Reifegradmodell begleiten zu lassen.