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Laut, wild, vielfältig: Ein frischer Blick auf den Klimagipfel

von | 9.12.2024 | Beitrag

Live auf der Weltklimakonferenz – wie fühlt sich das eigentlich an? Das haben wir Diana Schröter gefragt. Die Beraterin und Klima-Aktivistin war im November auf der COP29 in Baku (Aserbaidschan) und hat dort unter anderem ein Panel zu „Financing Green Projects“ moderiert. Im Interview erzählt sie, welche neuen Erkenntnisse sie mitnimmt.

 

Liebe Diana, in drei Worten: Wie war deine COP-Erfahrung?

Laut, wild, vielfältig

Wie bist du überhaupt auf der Weltklimakonferenz gelandet?

Ich habe mich Anfang des Jahres selbstständig gemacht. Die Idee war, meine Erfahrung in den Bereichen Customer Service und Customer Experience mit meinem Klima-Aktivismus zu verbinden. Über mein Netzwerk lernte ich Matthias Bönsel kennen, den Gründer der Strategieberatung viventure partners. Er arbeitet schon länger mit dem Global Innovation Hub des UN-Klimasekretariats zusammen. Das ist eine Initiative, die Innovationen für eine nachhaltige und klimaresistente Zukunft fördert. Da tauchte ich ein und übernahm schließlich auch Verantwortung für Orga und Inhalte auf der COP.

Was hast du auf der COP konkret gemacht?

Die ersten drei Tage habe ich nichts von den Verhandlungen mitbekommen. Ich musste Nachrichten lesen, um zu erfahren, was los ist. Wir waren alle so stark eingebunden in die Diskussionsrunden, Panels und Workshops des Klimasekretariats. Einer unserer Schwerpunkte war die „City Challenge“, ein Netzwerk der Städte. Für dieses Panel konnten wir zum Beispiel eine Landrätin aus Giessen und einen Bürgermeister aus Mubende in Uganda gewinnen.

Außerdem hatten wir selbst ein Panel zu „Financing Green Projects“ vorgeschlagen, das ich moderieren durfte. Wir arbeiten mit der mele Unternehmensgruppe aus Torgelow in Mecklenburg-Vorpommern zusammen, die mehrere Biogas-Anlagen in Brasilien planen – übrigens selbst ein Global Innovation Hub-Projekt. Wie finanziert man so etwas? Das war die Leitfrage des Panels.

Wo liegt das Problem bei der Finanzierung grüner Projekte?

Für KMUs gibt es einen Funding Gap: Sie sind innovativ, haben gute Ideen, aber er ist nicht leicht, Finanzierungsmöglichkeiten zu finden. Die gibt es vor allem für Start-ups, oder für große Konzerne, die es sich leisten können, ein ganzes Team für die Recherche und das Ausfüllen von Förderanträgen abzustellen. KMU bekommen da oft das Feedback: Die Idee ist noch nicht ausgereift genug – oder schon zu ausgereift für eine Förderung. Diese Lücke müssen wir schließen. Viele Länder entwickeln Plattformen, damit Investoren und Projekte zusammenfinden. Digitalisierung spielt dabei eine wichtige Rolle.

Was war für dich die wichtigste Erkenntnis?

Auf dem Panel haben die Islamic Development Bank, die African und die Asian Development Bank, die KfW und die GIZ miteinander diskutiert. Das war wahnsinnig bereichernd. Die Banken verstehen, dass sie sich ebenfalls wandeln müssen, neue Finanzierungsinstrumente entwickeln, stärker zusammenarbeiten. Zum Beispiel gemeinsame Fonds auflegen oder eine Crowd-Funding-Plattform.

Gab es etwas auf der Konferenz, das dich überrascht hat?

Nicht wirklich überraschend, aber doch sehr schön und bewegend war es, die vielen Menschen aus indigenen Völkern dort zu sehen. Alle sind repräsentiert, haben teilweise einen eigenen Pavillon, tragen ihre traditionelle Kleidung. Das war wahnsinnig bereichernd.

Überhaupt hatte ich das Gefühl, es gibt auf der COP zwei Paralleluniversen: Die Verhandler verhandeln, in kleinen Räumen oder im Plenarsaal. Aber drumherum findet eine Messe statt, auf der jedes Land sich präsentiert, Projekte und Lösungen ausstellt. Da sind so viele Leute, die ehrenamtlich da sind, Bock haben, klare Ideen und Ziele – der Austausch ist sehr energetisierend. Das wird in den Medien kaum thematisiert.

Wie bewertest du die Ergebnisse der COP?

Ich habe das Gefühl, die COP kommt schlechter weg, als sie war. Natürlich gibt es viele Punkte, die wir dringend ändern müssten; Johan Rockström hat sie in einem Beitrag klar benannt. Aber manche Medien betreiben reines COP-Bashing: „So viele fliegen hin, und nichts kommt raus.“ Da wird hart gearbeitet, viele engagieren sich freiwillig! Und von zwei zentralen Anliegen wurde eines – internationale Regeln für den Kohlenstoffmarkt – schon an Tag eins verabschiedet! Dieser Erfolg hat zu wenig Aufmerksamkeit bekommen. Lasst uns die Klimakonferenzen nicht schwärzer malen, als sie sind. Wir wollen doch die Leute mitnehmen. Ich jedenfalls freue mich schon auf die COP30.

Wenn du den nächsten Klimagipfel organisieren dürftest – welche eine Sache würdest du anders machen?

Ich würde mich darum kümmern, dass es den Leuten psychisch und mental besser geht. Es war furchtbares Wetter, grau, regnerisch, diesig. Alle sind den ganzen drin in diesen Zelten, im Neonlicht, mit Luft aus der Klimaanlage und schlechtem Essen. Dazu ist es laut und voll, Leute rennen hin- und her wie Ameisen, es gibt kaum Sitzgelegenheiten oder Rückzugsorte. Darunter leidet der Spirit der COP – und vielleicht auch die Ergebnisse.