Klimaneutral – ein Wort, das Hoffnung weckt und Zweifel sät. Hoffnung auf eine zukunftsfähige Wirtschaft, Zweifel an allen, die behaupten, sie seien schon dort. Denn es fehlte ein gemeinsames Verständnis davon, was Klimaneutralität bedeutet. Bis Ende 2023 die ISO 14068-1 erschien. Sie definiert den Begriff und beschreibt, wie Organisationen und Produkte klimaneutral werden können. Wir fassen euch die wichtigsten Punkte zusammen.
Was ist das Problem?
„klimaneutral“ ist als Marketingbegriff weit verbreitet. Dabei ist das Risiko für Greenwashing hoch. Denn:
- Es gibt fast kein Unternehmen, kein Produkt ohne negative Auswirkungen auf das Klima. Unternehmen können diese ausgleichen, indem sie Klimaschutzprojekte finanzieren. Sprich: Klimaneutralität ist aktuell meist nur durch Kompensation erreichbar. Gerichte gehen davon aus, dass Verbraucher:innen das wissen. Wir sind uns da nicht so sicher.
- Viele reduzieren ihre Emissionen nicht, sondern kompensieren sie nur. Aber so lässt sich global betrachtet niemals Klimaneutralität erreichen.
- Investigativ-Recherchen und Studien haben gezeigt: Kompensation ist oft deutlich weniger effektiv als erhofft.
Wie definiert die ISO Klimaneutralität?
Klimaneutralität ist ein Zustand, in dem während eines bestimmten Zeitraums die THG Emissionen reduziert, die -Einspeicherungen (= negativen Emissionen) erhöht und die restlichen Emissionen kompensiert wurden. Das heißt: Netto-Null. Gleichzeitig ist Klimaneutralität ein Prozess kontinuierlicher Verbesserung: Die Emissionen werden immer weiter reduziert, sodass immer weniger kompensiert werden muss.
Wie wird man klimaneutral?
- Sich schriftlich zum Ziel echter Klimaneutralität verpflichten
- Definieren, wer oder was genau klimaneutral werden soll – z. B. die Organisation oder ein Produkt
- Treibhausgasbilanz erstellen
- Wissenschaftsbasierten Klima-Management-Plan entwickeln
- Emissionen reduzieren und Einspeicherungen erhöhen
- Restliche Emissionen kompensieren
- Klimaneutralitäts-Bericht erstellen
- Klimaneutralität kommunizieren
Für alle Schritte legt die ISO allgemeine Prinzipien und spezifische Anforderungen fest.
Wer darf sich klimaneutral nennen?
Eine Organisation oder ein Produkt darf sich klimaneutral nennen, wenn alle oben beschriebenen Anforderungen erfüllt sind. Wer nur kompensiert, ist also nicht klimaneutral. Die Emissionen müssen aber noch nicht bei Null sein. Klimaneutralitäts-Aussagen müssen im Einklang mit ISO 14064-3 oder einem vergleichbaren Standard verifiziert werden.
Was bedeutet das alles?
Die ISO 14068-1 ist weder verpflichtend noch zertifizierbar. Ob sie die Lage rund um den Begriff „klimaneutral“ verbessert, hängt davon ab, wie viele Unternehmen sich an ihr orientieren und ob die Gesetzgebung sie aufgreift. Aber was die Norm uns allen schon jetzt bietet: eine bessere Diskussionsgrundlage.